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und wurde 106 mal aufgerufen
 Habt ihr das gewusst?
Waldi44 Offline




Beiträge: 563

12.06.2020 09:57
Triage - damals und heute. Antworten

Wer von den Nichtmedizinern kennt diesen Begriff? Ein alter Begriff aus dem Militärischen und in der heuteigen Coronazeiten wieder aktueller denn je. Mancher erinnert sich noch an die Worte des Grünen Politikers Boris Palmer, als er sagte : "Wir retten möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“.
Dafür erntete er einen medialen Shitstorm und politische Schelte aus allen Lagern. Dabei hatt der Mann völlig recht und das ist im Grunde auch nicht einmal "auf seinem eigenen Mist gewachsen"!
Was genau bedeutet nun Triage genau und was beinhaltet sie?
Der Begriff “Triage“ kommt aus dem Französischen und bedeutet “Auswahl“ oder “Sichtung“. Böswillige Zeitgenossen würden auch den Begriff "Selektion" wählen. Im medizinischen Kontext beschreibt er die Einteilung von Patienten nach der Schwere ihrer Verletzungen. Dadurch können Ärzte und Pfleger leichter entscheiden, wer zuerst behandelt wird. Triagieren gehört in Notaufnahmen zum Alltag, stammt jedoch ursprünglich aus der Militärmedizin. Der französische Chirurg Freiherr Dominique Jean Larrey entwickelte die Triage im Jahr 1792 während der Napoleonischen Kriege- nachweislich während des Ägyptenfeldzuges. In Zeiten knapper Ressourcen brauchte man ein System, um zu entscheiden, welche der zahlreichen Verletzten zuerst behandelt wurden. Ziel der Triage war es, Soldaten möglichst schnell wieder fit für den Einsatz zu machen. Das bedeutet, dass diejenigen mit den besten Aussichten auf Genesung zuerst Hilfe bekamen, und nicht die Menschen, die sie am nötigsten brauchten.
Wer vermutich die geringsten Überlebenschancen hat, kommt, wenn überhaupt, als letzter dran.
Als es entsprechende Schmerzmittel gab, konnte man die Unglücklichen wenigstens von ihrem Schmerz befreien, bevor der Tod sie erlöste. Interessant und bei Wiki gefunden: "Anfang des 16. Jahrhunderts führte Kaiser Maximilian I. (1459–1519) seine Heeres-Sanitäts-Verfassung ein, in der erstmals geordnete Sanitätseinheiten dokumentiert wurden, deren Aufgabe unter anderem darin bestand, überlebensfähige Verwundete zu retten und zu versorgen. Detaillierte Angaben zur Einstufung der verschiedenen Schweregrade von Verwundungen finden sich erstmals im Königlich-Preußischen Feld-Lazarett-Reglement von 1787. "
Hier muß einschränkend erwähnt werden, dass in früheren Jahrhunderten die Verwundeten erst lange NACH und kaum während der Kämpfe eingesammelt wurden. Allein schon deswegen kam die Hilfe für viele zu spät.
Es gibt vier farblich gekennzeichnete Stufen: Rot: Sofortbehandlung, da lebensgefährlich verletzt.
Gelb:aufgehobene Behandlungsdringlichkeit, obwohl schwer verletzt aber nicht lebensbedrohlich. Grün: Spätere, eventuell auch nur ambulante Behandlung und Blau für die hoffnungslosen Fälle, die nicht mehr behandelt, sondern lediglich sterbend betreut werden.
Im "Lehrbuch der Kriegschirurgie" von 1937 heißt es, ich zitiere: "Es ist selbstverständlich, dass man Sterbende nicht zurücktransportiert. [weil] Auch vorn an der Front bereiten Kameraden den Gefallenen ein würdiges Soldatengrab!".
Ich zitiere mal aus dem Fachblatt von 1939 "Der deutsche Militärarzt":Sichtung und Verteilung der Verwundetenkönnen nicht nur nach rein ärztlichen Gesichtspunkten erfolgen, weil sie sich der Lage und den Transportverhältnissen anpassen müssen......Grundsätzlich ist der verwundete mit besseren Aussichten [auf Heilung und Genesung] schneller abzutransportieren, als der mit schlechteren. Sterbende bleiben im Allgemeinen im Hauptverbandsplatz."
Die verwundeten Deutschen trugen farbliche unterschiedliche und vorperforierte doppelte Pappzettel mit der Krankengeschichte und den wichtigsten Daten. Trug einer noch alle zwei Zettel, gehörte er zu denen, die nicht mehr abtransportiert wurden. Fehlt hingegen einer, war man Transportfähig und konnte auf eine Weiterbehandlung hoffen. Fehlten gar alle beide, war der Verwundete so gut wie wieder Fronttauglich.
Im Emergency War Surgery Handbook der NATO von 1958 steht: "Selbstverständlich ist es nutzlos, auf die hoffnungslos Verwundeten der Gruppe 4 [blau] zuviel Zeit zu verschwenden. Denn wenn er [der Sanitäter] sich zu lange mit den Verwundeten dieser Gruppe aufhält.... kann, kann dies dazu führen, dass der Zustand der Verwundeten in der Gruppe 3 [rot] , bei der die größten Chancen auf Rettung bestehen sich verschlimmern und vermeidbare Todesfälle eintreten."
Grundsätzlich galt und gilt: "Einen Opfern um ein Dutzend zu retten"! Bei den Italienern in der heutigen Coronakrisa gilt: Priorität in der Behandlung haben die "meisten geretteten Lebensjahre" und genau das meinte Palmer!

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