"Ich dachte der Flügelmann sei tot." - Die "Langen Kerls" und der König "in" Preußen.
Gelegendlich findet man auch die Bezeichnung "Potsdamer Riesengarde".
Zuerst einmal der Text, den man zu den "Langen Kerls" bei Wiki findet!
"Das Regiment wurde 1675 als „Regiment Kurprinz“ mit einer Stärke von zwei Bataillonen aufgestellt, erster Chef war Kurprinz Friedrich von Brandenburg [der spätere seit 1701 König Friedrich I. und somit der erste Preußische König]. Im Jahre 1701 änderte sich die Bezeichnung in „Kronprinzenregiment“, Chef war zu diesem Zeitpunkt Kronprinz Friedrich Wilhelm [ Sohn des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III ], der spätere Soldatenkönig [ Friedrich Wilhelm I.].
Im Jahre 1710 formierte Kronprinz Friedrich Wilhelm dieses Korps aus Angehörigen seiner Jagdgarde und mehr oder weniger freiwillig angeworbenen hochgewachsenen jungen Männern. Sie bildeten 1711 vier Kompanien. Seit 1710 lautete die Bezeichnung „Großes Leibbataillon Grenadier“.
1713 wurde Friedrich Wilhelm I. König in Preußen[Soldatenkönig] und das Regiment erhielt die Aufwertung zur Garde. Die neue Bezeichnung des Regiments wurde: „Seiner Königlichen Majestät Regiment“ (auch „Leibregiment“ oder „Königsregiment“). Das Königsregiment (6) entstand 1717 aus der Verschmelzung des Regiments zu Fuß „Kronprinz“ mit den seit 1709 bestehenden Roten Grenadieren, wobei letzteres das I. Bataillon, ersteres das II. und III. Bataillon bildeten."
Zwei Stellen sind dabei besonders erwähnendswert. 1. 1713 wurde Friedrich Wilhelm I. König in Preußen. Hier liegt die Betonung auf "in" und nicht "von" und 2. "...mehr oder weniger freiwillig angeworbenen ...". Hier auf das "mehr oder weniger freiwillig"!
Soweit Wiki. Die Ergänzungen in den [ ] sind von mir nachträglich eingeschoben. WAS hat es nun mit diesem "in" Preußen auf sich?
In diversen Erbfolgekriegen nach dem Tode Tod Karls II. [Letzter Habsburger auf dem spanischen Thron], benötigten diese dringend Bündnispartner im Krieg gegen Frankreich [Spanischer Erbfolgekrieg]. Der katholische Kaiser Leopold I. und der protestantische Kurfürst von Brandenburg schlossen am 16. Non. 1700 im Schloss Schönhausen ein Geheimbündnis [Kontrakt], in dem den Kurfürsten von Brandenburg ein schon lange gehegter Wunsch erfüllt wurde. Der Kurfürst sollte als Dank für seine militärische Hilfe im Erfolgestreit, die Königswürde erhalten. Umsonst war der "Spass" natürlich nicht: Er kostete ihm 2 Millionen Dukaten, die an Kaiser Leopold I. gingen und 600.000 Dukaten an den deutschen Klerus; der Jesuitenorden bekam 20.000 Taler für die Fürsprache am Wiener Hof. Außerdem verpflichtete sich Friedrich, sich mit 8.000 (10.000) Soldaten an dem vom Habsburgischen Kaiser geführten Spanischen Erbfolgekrieg zu beteiligen. Soldaten, die ihm dann später im Nordischen Krieg zur eigenen Landesverteidigung fehlten.
Um nun die anderen deutschen Kurfürsten und Könige nicht zu verprellen, sollte die Königskrönung nicht innerhalb der Reichsgrenzen erfolgen und auch kein Reichsgebiet einschließen. Die Mark Brandenburg, Kurfürstliches Stammland, war Reichsgebiet. Preußen hingegen nicht!
Die historische Landschaft Preußen, benannt nach ihren baltischen Ureinwohnern, den Prußen[Slaven], entsprach in etwa dem späteren Ostpreußen. Ursprüglich als geistlicher Ordensstaat gegründet/erobert, wurde dessen Gebiet 1466 im Zweiten Frieden von Thorn geteilt [Erster Frieden von Thorn am 1. Februar 1411 nach der Niederlage des Deutschritterordens 1410 bei Tannenberg]: in das der polnischen Krone direkt unterstehende Königliche [polnische] Preußen, das Pommerellen einschloss, und in den Restordensstaat, der die polnische Lehenshoheit anerkennen musste. Durch dessen Säkularisierung entstand 1525 das weltliche Herzogtum Preußen [Das Herzogtum Preußen war ein von 1525 bis 1701 bestehendes Staatswesen, das den östlichen, im Zuge der Reformation säkularisierten Teil des 1466 aufgeteilten Deutschordensstaates umfasste und bis 1657 ein polnisches Lehen war], das 1618 durch Erbschaft an die Kurfürsten von Brandenburg fiel und somit das Jahr 1618 der Beginn der Regierung der brandenburgischen Kurfürsten im Herzogtum Preußen ist. Diese regierten nun beide Ländern, das kurfürstlichen Brandenburg und das Herzogtum und spätere (ab 1701) königlichen Preußen in Personalunion. König und Kurfürst in einer Person! Bis 1657 war das Herzogtum Preußen ein polnisches Lehen und Kurfürst Friedrich Wilhelm ein polnischer Lehensmann. Aber 1657 gelang es ihm, das Herzogtum aus der polnischen Lehensabhängigkeit lösen. Da es außerhalb der Reichsgrenzen lag, war er dort nunmehr ein souveräner Herrscher, während er als Kurfürst von Brandenburg dem Kaiser Untertan war.
Ab 1701 fallen die Geschichte der Mark Brandenburg fortan mit der Preußens zusammen, wobei die preußischen Könige den Titel „Markgraf von Brandenburg“, auf dem ihre Kurwürde beruhte, weiterhin führten.
Weil Friedrich I.[Soldatenkönig] sich nun aber "nur" zum König in Preußen und nicht auch von Brandenburg machen konnte, blieb es beim "in". Er konnte als Reichbürger nicht gleichzeitig Kurfürst UND König von Brandenburg sein, aber Kurfürst von Brandenburg und König in Preußen. Außerdem gehörte ihm nicht ganz Preußen. Neben dem deutschen Preußen gab es bis 1772 noch das „Königlich-Polnischen Preußen" [Hinterpommern]. Dieses kam dann durch die erste polnische Teilung ebenfalls zu Preußen und der Titel wandelte sich von "König in Preußen" zu "König von [ganz] Preußen"!
Der Übergang zur Bezeichnung Preußen auch für die Mark Brandenburg vollzog sich allmählich ohne festen Stichtag! Berlin wurde dann statt Königsberg am 17. Januar 1709 durch das Zusammenlegen einiger umliegender Gemeinden, aus denen dann die einzelnen Stadtbezirke entstanden, amtliche Hauptstadt von Preußen.
Nun wissen wir also warum der König von Preußen anfänglich nur "König in Preußen" und nicht "...von Preußen" war. Damit ist auch die etwas unverständliche östliche Grenzziehung des HRR erklärt, die quasi die östlichen Landesteile Preußens außen vor läßt.
Nun kommen wir zu den schon eingangs erwähnten "Langen Kerls", die "....mehr oder weniger freiwillig angeworbenen hochgewachsenen jungen Männer." Hierbei zitiere ich aus einem alten Geschichtsbuch: "Hilfsbuch für den Geschichtsunterricht", Breslau 1896, Seite 234.
"Ein deutscher Müller ließ sich in Frankreich als Riese für Geld[Jahrmarkt oder so] sehen; bald nacher fand er sich als fünfter in der Potsdamer Riesengarde. Jeder Inländer von großem Körper fiel unzweifelhaft den Werbern in die Hände. Einen Bürgermeister holten die Werber aus dem Rathause und drei Bauernburschen aus der Kirche; einen Schiffskapitän entführten sie von seinem Schiffe und die Thürhüter aus dem Vorzimmer des Königs von Polen.[Mitunter ging die "Werbung" aber auch schief] Bei einem sehr großen Tischler bestellten die Werber einen Sarg für einen verstorbenen Flügelmann [der Riesengarde] . Als der Sarg fertig ist, behaupten die Offiziere, er sei zu klein. "Nein" erwiederte der Tischler, "der ist noch groß genug für mich!". Damit legte er sich hinein; flugs wird der Sarg geschlossen und fortgeschafft. Vor der Stadt öffnet man und findet den Tischler tot [Das war ein Qualitätssarg].
Der König erfuhr, in Italien lebe ein außerordentlich langer Mönch. Da erbot sich ein Major, ihn herzuschaffen. Er trat in Polen zur katholischen Kirche über , reiste nach Italien und trat in das Kloster, in welchem der lange Mönch lebte. Bald befreundete er sich mit ihm und überredete ihn , mit nach Polen zu gehen um dort seine evangelischen Verwandten bekehren zu helfen. Der Abt gab seine Zustimmung, und bald war der Mönch Gardist. Seine "lieben blauen Kinder" , wie der König die Gardisten nannte, waren ihm lieb und teuer; er sorgte für sie väterlich, für sie war keine Summe zu groß.
Als der neue Turm der Petrikirche nahe vor seiner Vollendung einstürzte, wurde die Meldung beim König mit den Worten eingeleitet, ein großes Unglück habe sich ereignet. "Was denn?" rief der König. "Der Petriturm ist eingestürzt!" - "Ach so", sagte der König gelassen "ich dachte Wunder, was es wäre, und ich glaubte der Flügelmann sei tot."