3000 Bomben liegen in Berlin noch im Boden! Brandenburg ist nach wie vor das Bundesland mit dem höchsten Anteil munitionsbelasteter Gebiete. Ende 2013 waren nach Angaben des Innenministeriums zwölf Prozent der Landesfläche mit Blindgängern sowie Artillerie- und Infanterie-Kampfmitteln kontaminiert. Dabei sind ehemalige Militärliegenschaften wie Truppenübungsplätze nicht einbezogen. Eine seriöse Schätzung, wie viele Blindgänger landesweit noch im Boden liegen, ist laut Ministerium nicht möglich. 2013 haben Sprengmeister knapp 270 Tonnen Altmunition unschädlich gemacht. Davon mussten 15 Tonnen am Fundort gesprengt werden. Eine der am stärksten betroffenen Regionen zwischen Elbe und Oder ist nach wie vor Oranienburg. Laut einem Gutachten der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) aus dem Jahr 2010 wird vermutet, dass sich im Stadtgebiet noch immer bis zu 320 unentdeckte Blindgänger befinden. Grundlage der Schätzung ist die Gesamtmenge an Bomben, die von alliierten Flugzeugen im Zweiten Weltkrieg auf Oranienburg abgeworfen wurden. Insgesamt wird von 10.500 Spreng- und ungefähr 4600 Brandbomben ausgegangen. Etwa 4000 von ihnen waren mit chemischen Langzeitzündern ausgestattet. Insbesondere diese Zünderart bereitet den Experten große Sorgen. Denn auch ohne größere Einwirkungen von außen können solche Bomben unkontrolliert detonieren. Zudem verschlechtere sich der Zustand der Blindgänger zunehmend. Daher nehme die Menge der Fundmunition zu, die noch am Fundort gesprengt werden muss, so das Ministerium.
10.000 Menschen evakuiert
2013 wurden in Oranienburg neun Bomben entschärft, davon vier mit Langzeitzündern. Die Statistik weist seit 1991 für die Havelstadt insgesamt 177 derartige Einsätze aus. In der Landeshauptstadt Potsdam waren es seit der Wiedervereinigung 158. Zuletzt wurde kurz vor Weihnachten bei Bauarbeiten am Potsdamer Hauptbahnhof ein Fünf-Zentner-Blindgänger entdeckt. Innerhalb von acht Stunden mussten 10.000 Menschen rund um den Fundort in der Innenstadt ihre Wohnungen und Arbeitsstätten verlassen. Ein Bagger hatte die Bombe ausgegraben, angehoben und aus einem Meter Höhe fallen lassen. Explodiert ist der Blindgänger nicht. Ein Sprengmeister konnte ihn noch unschädlich machen. Auch die Landeshauptstadt war in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs Ziel alliierter Luftangriffe. Am 14. und 15. April 1945 wurden 1700 Tonnen Bombenlast über der Stadt abgeworfen. Knapp 1600 Menschen verloren bei den Angriffen ihr Leben. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kritisierte, dass der Bund sich kaum an den Kosten für die Entschärfung beteiligt. „Wir haben in Brandenburg seit der Wende 335 Millionen Euro in die Beseitigung der Altlasten investiert und vom Bund nur 117 Millionen Euro erstattet bekommen“, sagte er. Der Bund komme bislang nur für „reichseigene“ Munition auf, die aber den weitaus kleineren Teil ausmache.
Gemeinsame Anstrengung
Im Bundesrat startete Brandenburg deshalb zusammen mit Niedersachsen eine Initiative, den Bund stärker in die Pflicht zu nehmen. „Deswegen hoffe ich, dass der Bund sich einsichtig zeigt und sagt, dieser Gefahr müssen wir in einer gemeinsamen Anstrengung von Bund und Ländern noch zügiger begegnen“, so Woidke. Die Mehrheit der Länder unterstützt diesen Vorstoß. 54 Tonnen Bomben, Granaten und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg sind im vergangenen Jahr in Berlin gefunden und entschärft worden. Seit Ende des Kriegs vor 70 Jahren wurden nach Polizeiangaben mehr als 1,8 Millionen Sprengkörper vernichtet. Nach Schätzungen der zuständigen Stellen beim Senat liegen aber weiterhin 3000 Blindgänger aus dem Weltkrieg im Boden der Hauptstadt – auch in der Nähe wichtiger Verkehrsknotenpunkte wie Bahnhöfen oder dem Flughafen Tegel. Genau kann das aber niemand sagen. (dpa) Land der Blindgänger