SCHIFFERSTADT - Mit einer makabren Fiktion, die Jahrzehnte lang durch die Region geisterte, ist am Samstagnachmittag (30.11.2013*) im Schifferstadter Wald aufgeräumt worden: Unter dem Gras der „Neuen Wiese“ an der Gemarkungsgrenze zu Böhl-Iggelheim befindet sich kein anonymes Grab eines kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges abgeschossenen Flugzeugpiloten.
Eine Messerschmidt Nur soviel ist sicher: In der Erde befinden sich noch immer Bruchstücke eines Flugzeugs, wahrscheinlich einer deutschen Messerschmidt Bf 109, die dort nach einem Luftkampf abstürzte und sich in den weichen Wiesenboden bohrte. Einige, zum Teil pfundschwere Relikte eines Flugzeugmotors wurden in einer aufwendigen Aktion mit Hilfe des Schifferstadter Baggerunternehmers Jürgen Hauck von der Arbeitsgruppe für Vermisstenforschung ans Tageslicht geholt – aber von sterblichen Überresten des Piloten keine Spur.
Uwe Benkel (Heltersberg), Leiter der Arbeitsgruppe, war über das unspektakuläre Ergebnis der Suche einerseits enttäuscht, andererseits aber auch erleichtert, „dass wir keine Tragödie aus den letzten Kriegstagen optisch aufdecken mussten“. Doch die Grabungsaktion hatte dennoch einen Erfolg: „Wir kennen jetzt die Seriennummer des Motorblocks und können zweifelsfrei klären, um welchen Flugzeugtyp es sich handelte“, sagte Benkel. „Nun gehen wir auf die Suche nach der Identität des damaligen Piloten.“ Was war nicht alles an geheimnisvollen Geschichten über den Flugzeugabsturz und das Schicksal des Piloten in Umlauf. So soll nach Kriegsende die Leiche des Flugzeugführers von einer Gruppe von Schrotthändlern beim Versuch, den wertvollen Motor als Altmetall zu bergen, im Wrack entdeckt – und dort wieder deponiert worden sein. Eine andere Mär berichtet davon, dass nur ein Bein des Piloten gefunden und dann beerdigt wurde. Ein Kreuz unter einer Pappel, das 1953 von einer katholischen Jugendgruppe aufgestellt wurde, trägt die später wohl restaurierte Inschrift: „Allen unbekannt – außer Gott. Gedenket des hier 1944 abgestürzten Piloten.“
Drei Meter tiefes Loch Beim Aushub eines rund drei Meter tiefen Lochs, in dessen Umkreis Benkel und seine Mitstreiter zuvor mit Metallsonden Flugzeugteile geortet hatten, wurden tatsächlich wie bei einer Art Schatzsuche Kleinteile des Flugzeugs gefunden – zum Teil Rohrleitungen, die noch nach rund 70 Jahren Treibstoffduft ausströmten, oder gusseiserne Teile des Motors und Leichtmetall des Rumpfes. Benkel: „Nach allem, was wir gefunden haben, ergibt sich der Anschein, dass es sich um eine Schulmaschine handelte. Die Leiche des Piloten wurde wohl unmittelbar nach dem Absturz geborgen.“ Zeitzeugen wie Albert Regenauer (82) oder Gerhard Magin (77) – beide aus Schifferstadt – haben unterschiedliche Erinnerungen an das Geschehen. Benkel: „Da ist einiges im Laufe der Zeit in Umlauf gekommen, das sich später mit fiktiven Geschichten angereichert und verselbstständigt hat.“ Mit anderen Worten: Viele Erzählungen über den Absturz und seine Folgen sind reine Phantasie. Regenauer erinnert sich an das Absturzdatum: „Es war wohl September oder Oktober 1944 – ich war mit dem Fahrrad dort und sah noch den Rumpf und Blechteile des Flugzeugs.“ Magin war vor rund 60 Jahren dabei, als von der katholischen Jugend das erste Kreuz aufgestellt wurde. Auf dieses Kreuz nagelte in den 50er Jahren Bernd Lehmann (67) aus Böhl-Iggelheim einen Stahlhelm, den er dort fand – der Helm war wenige Zeit später verschwunden. Fliegergrab