Eine vielleicht etwas merkwürdige Überschrift wird mancher denken. Die Schlacht an der Rio de la Platamündung vom 13. Dezember 1939 und auch ihr Ausgang ist weitestgehend bekannt. Doch wie genau kam es dazu und welchen "grossen Fehler" meine ich oder waren es gar mehrere? Meistens werden solche "Besserwissereien" erst Jahrzehnte später zum Besten gegeben. Resultierend aus Wissen und Erkenntnissen, welche die damals handelden Personen nicht hatten - nach dem Motte: HINTERHER ist man immer schlauer. Manchmal aber gibt es auch Fakten, die damals den handelnden Personen bekannt waren, die aber nicht beachtet oder übersehen wurden und manchmal spielt eben auch der Zufall eine Rolle und nicht immer ist das Glück nur dem Tüchtigen hold. Nicht umsonst suchte schon Napoleon seine Marschälle unter anderem auch danach aus, ob sie "Fortune" hatten. Der Schlüssel zu Niederlage in dem Gefecht liegt in Kapitän Langsdorff. Eine menschlich durch und durch integre Person:"Ich werde uns nicht von einer Übermacht in Stücke schießen lassen. Für mich sind tausend junge Männer lebend mehr wert als tausend tote Helden." Hätten doch nur mehr deutsche Offiziere so gedacht.... Aber auch militärisch war er kein unbeschriebenes Blatt. Langsdorff wird am 20. März 1894 in Bergen auf Rügen geboren. 1912 tritt er in die Dienste der Kaiserlichen Marine und wurde 1915 Leutnant zur See. Die Seeschlacht vor dem Skagerrak am 31. Mai 1916 erlebte er an Bord des Schiffes »Großer Kurfürst«. Ein Grosskampfschiff der Kaiserlichen Marine. Danach allerdings wechselte er zu den Minensuchern und nach 1918 in die kleine Reichsmarine übernommen, wurde er 1929 Chef einer Torpedobootflottille. Im November 1938 wurde Langsdorff der 3. Kommandant der "Admiral Graf Spee". Bereites am 31. August 1939 lief das Panzerschiff "Admiral Graf Spee" aus Wilhelmshaven mit dem Ziel Südatlantik aus. Das "Westentaschenpanzerschiff" führte bis Ende September 1939 noch keinen Kreuzerkrieg, vielmehr hielt sich das Panzerschiff vom 11.09. bis 25.09.1939 in einem abgelegenen Seegebiet des Südatlantiks, rund 900 sm ostwärts der brasilianischen Hafenstadt Bahia, auf und erst ab dem 29. September 1939 erhielt Langsdorff von der Seekriegsleitung die Erlaubnis zur Führung des Handelskrieges. Insgesamt hatte das Panzerschiff 9 Handelsschiffe mit insgesamt 50.089 BRT versenkt dazu hatte die " Admiral Graf Spee" neunmal ihren Betriebsstoff aus Vorräten des Flottentroßschiffes, "Altmark" ergänzt ( erstmals am 01.09.1939 ). Am 07.12.1939 errang das Panzerschiff seinen letzten Seesieg, als der britische Dampfer "Streonshalh" ( 3.895 BRT ) gestopt und versenkt wurde. Nun aber nahm das Verhängnis seinen Lauf. Um die Absicht zur Heimfahrt zu tarnen, unternahm Kpt.z.S. Langsdroff einen Vorstoss nach Südwesten zum Rio de la Plata. Er wollte damit eine Verlegung ums Kap Horn in den Pazifik vortäuschen. Um etwas vorzutäuschen muss man aber auch gesehen werden. Vielleicht musste deshalb die "Streonshalh" daran glauben... Das nächste Schiff auf dass man traf war gleich eine ganze Flottille bestehend aus drei britischen Kriegsschiffen, die man versehendlich für einen kleinen Kreuzer in Begleitung zweier Zerstörer hielt. Da Langsdorff mit seinem Schiff ja nach Deutschland zurückkehren wollte, konnte er keine "Fühlungshalter" gebrauchen, denn die würden sein Täuschungsmanöver entlarven und ihm die ganze britische Flotte auf den Hals hetzen. Der erste Fehler war nun, dass er meinte, die Briten hätten ihn auch schon ausgemacht. Er hätte es testen sollen, denn tatsächlich hatten die Briten ihn erst 40 Minuten später entdeckt, als er schon mit voller Fahrt auf die britischen Kriegsschiffe zuhielt. Dabei bemerkte man den Irrtum: Der "leichte Kreuzer" war der schwere Kreuzer "Exeter" und die vermeintlichen Zerstörer die leichten Kreuzer "Achilles" und "Ajax". Nun entwickelte sich fast 25 Jahre nach der Schlacht bei Coronel, bei der der Namensgeber des Panzerschiffes Admiral Graf Spee (8. Dezember 1914 bei den Falklandinseln) seine Niederlage erlitt, das erste grosse Seegefecht des 2. Weltkrieges. Hier beging Langsdorf einen weiteren Fehler: In Manier eines Torpedobootfahrers oder eines Zerstörerfahrers griff er den Feind an und verkürzte die Distanz. Ausserdem führte er mehrere Kursänderungen durch und nahm Zielwechsel vor.... Die "Spee" verfügte über 6 x 28 cm Geschütze in zwei Geschütztürmen mit ca 35 Km Reichweite. Die "Exeter", das grösste britische Schiff verfügte über 6 x BL 8-inch-Schiffsgeschütz Mk VIII (20,3 cm) in 3 Dop-peltürmen mit 28 Kilometer Reichweite. Zwar waren die Briten mit über ca. 32 kn schneller als die "Spee" mit ihren 28 kn aber die "Exeter" wäre nie auf Schussentfernung herangekommen, wäre ihnen Langsdorff nicht entgegengefahren. Wäre die "Admiral Spee" still liegen geblieben, hätten die Kreuzer gut 8- 10 Minuten gebraucht um die Zone zu überwinden, in der das Panzerschiff noch ausserhalb der Reichweite der eigenen Geschütze lag. Wäre sie mit Volldampf davon gefahren, hätten die Kreuzer gar eine halbe Stunde wehrlos im Feuer der, zumindest hinteren drei, Geschütze fahren müssen. In beiden Fällen denke ich, wäre die "Exeter" versenkt oder doch zumindestens Kampfunfähig geschossen worden. Die beiden kleinen Kreuzer hätten dann mit Sicherheit die Verfolgung abgebrochen - allein schon um die Überlebenden der "Exeter" zu retten. Vor allem aber hätte die "Admiral Spee" nicht eine feindliche Granate getroffen!! Es war also schlichtweg ein Fehler den Kampf aufzunehmen, egal aus welchen Gründen und auch unnötig und Langsdorff muss sich den Vorwurf gefallen lassen, nicht versucht zu haben, den Kampf mit den ge-gnerischen Kriegsschiffen zu vermeiden. Das war ja auch nicht sein Auftrag! Nachdem das Gefecht beendet war, war die "Exeter" ausser Gefecht gesetzt und vom Kampffeld geflohen. Auf ihr gab es 61 Tote und 23 Verwundete. Die Ajax war schwer beschädigt und hatte sieben Tote und 6 Verwundete zu verzeichnen und die "Achilles" 4 Tote. Auf der "Admiral Graf Spee", die schwer angeschlagen war, gab es 36 Tote und 60 Verwundete. Unter diesen Umständen war an eine Weiterfahrt und eventuell neuen Kämpfen nicht mehr zu denken. Die politische Lage vorort unbeachtet lassend steuerte er Uruguay an, statt ins weiter nördlich und deutsch-landfreundliche Argentinien zu fahren. Durch das schlammige Wasser des La Plata befürchtete man, die Filter könnten verstopfen und die Maschine eventuell Schaden nehmen.Schlussendlich aber bleibt die Frage offen ob es der "Admiral Graf Spee" was genutz hätte, denn das Schiff sass so oder so in der Falle und verfügte nur noch knapp über die Hälfte seiner grosskalibrigen Munition. Die Briten hatten auch alle Zeit der Welt Verstärkung ranzuschaffen und eine instandgesetzte "Admiral Graf Spee" wäre höchstwahrscheinlich auch nur zusammengeschossen worden und Deutschland hätte "tausend tote Helden" mehr gehabt. Aber wenigsten Hitler wäre zufrieden gewesen und die Witwe von Langsdorff hätte ihre Witwenrente bekommen!
Natürlich und das soll nicht unerwähnt bleiben, hatte auch Langsdorff seine Gründe auf den Feind zuzuhalten und die lagen nicht in seiner maritimen Vergangenheit, sondern in der Hoffnung aus geringerer Entfernung besser und schneller treffen zu können und somit Munition zu sparen und den Kampf zu verkürzen. Wie, so fragt man sich vielleicht oder besser warum aber befanden sich die Briten überhaupt dort und wie kam es zu dem Zusammentreffen? Die Britische Admiralität ging nach der Versenkung mehrer ihrer Handelsschiffe davon aus, das mindestens zwei "Handelsstörer" ihre Seeverbindungen angriffen. Tatsächlich waren es auch zwei, aber die weiter nördlich operierende "Deutschland" hatte nur geringen Erfolg. Zur Sicherung und Überwachung der Seewege schufen die Briten und Franzosen mehrere Taskforces. So auch "Force G". Ihr gehörten die zwei schweren Kreuzer "Exeter" und "Cumberland" an, sowie die Zerstörer "Ajax" und "Achilles". "Cumberland" befand sich zur Reparatur auf den Falklandinseln und die drei anderen Schiffe im Südpazifik verstreut, bis sie die Funksignale der angegriffenen "Doric Star" auffingen. Daraufhin konzentrierte Commodore Harwood seine Schiffe- ausser die "Cumberland" und begann mit der Suche. Langsdorff hatte inzwischen aus Berlin die Nachricht erhalten, dass am 10. Dezember vier britische Handelsschiffe Montevideo verlassen würden. Wie schon erwähnt war die Maschinenanlage der "Admiral Graf Spee" mehr als wartungsbedürftig und deshalb hatte er auch die baldige Heimkehr ins Auge gefasst. Doch statt der erwarteten Handelsschiffe tauchten eben die drei britischen Kriegsschiffe auf, die erst falsch klassifiziert und dann unnötigerweise angegriffen wurden. Möglicherweise aber erhoffte sich Langsdorff zum Abschluss seiner Fahrt noch einen militärischen Erfolg. In der Rolle des Kaperfahrers fühlte er sich nicht besonders wohl obwohl er in mehrfacher Hinsicht sehr erfolgreich war. Neben den Versenkungserfolgen, mussten Briten und Franzosen erhebliche Anstrengungen unternehmen und konnten viele Schiffe nicht zur Ubootbekämpfung einsetzen. Die Suche nach der "Admiral Graf Spee" band im Südatlantik und im indischen Ozean: 4 Schlachtschiffe, 5 Flugzeugträger und 17 diverse Kreuzer, sowie im nördlichen Atlantik nochmals 4 Schlachtschiffe und ebenfalls 17 Kreuzer. Begünstigt wurde diese Flottenmassierung durch das passive Verhalten der Italiener und Japaner, so dass Briten und Franzosen Schiffe aus dem Mittelmeer und dem fernen Osten abziehen konnten.
Warum erschoss sich Langsdorff? Glaubte er, mit seinem Verhalten gegen die Offizierehre verstoßen zu haben? Am 17. Dezember 1939 schrieb er zwei Briefe: einen an seine Mutter, einen an seine Ehefrau. Langsdorff hatte verfügt, dass die Briefe nur im Falle seines Todes weitergegeben werden sollten. Im Brief an seine Frau Ruth heißt es: „So war mein Entschluss (die Selbstversenkung, die Verfasserin) nicht leicht, aber zwei Richtlinien, die ich mir am Anfang unserer Unternehmung gesetzt hatte, gaben die Richtschnur. Zum ersten, die Bereitschaft jede Verantwortung zu übernehmen, auch unter restlosem Einsatz meiner ganzen mir ans Herz gewachsenen Besatzung, solange auch nur eine geringe Chance besteht, dem Feind zu schaden und damit unserer heiligen Sache zu nutzen. Zum anderen die kühle Überlegung, meine Leute nicht zwecklos in den Tod zu jagen, aber die Ehre des Schiffes zu wahren, die Ehre der Flagge und zwar bis zum letzten.“
Möglicherweise trägt diese Briefstelle dazu bei, das Verhalten von Langsdorff zu erklären. Als Offizier war es seine Aufgabe, den Feind zu bekämpfen, vorausgesetzt, der von ihm gegebene Befehl rechtfertigte die Risiken. Langsdorff glaubte am Morgen des 13. Dezember, er könne mit seiner überlegenen Artillerie den britischen Kreuzerverband schlagen. Seine Entscheidung, Montevideo anzulaufen, wird häufig als Fehler betrachtet. Zwischen dem 14. und 17. Dezember 1939 stand Langsdorff vor einer Entscheidung, die es in der Geschichte der deutschen Kriegsmarine bis dahin nicht gegeben hatte. Am 16. Dezember 1939 war klar, dass die „Admiral Graf Spee“ keine ausreichende Frist bekam, um die Schäden zu reparieren. Mit seinen Offizieren erwog Langsdorff in einer Besprechung, vor der Selbstversenkung noch das Gefecht zu suchen und möglicherweise einen Gegner zu vernichten. In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember hielt sich Langsdorff in der deutschen Botschaft auf. Gesandter Langmann versuchte noch einmal, beim Außenminister von Uruguay eine Fristverlängerung zu erwirken, aber die Regierung des südamerikanischen Landes bestand darauf, dass die „Admiral Graf Spee“ am 17. Dezember bis 20.00 Uhr auslaufen müsste. Daraufhin fasste Kapitän zur See Hans Langsdorff den Entschluss zur Selbstversenkung, ohne den Gegner noch einmal anzugreifen. Gegenüber seinen erstaunten Offizieren machte er deutlich, dass die „Admiral Graf Spee“ seiner Meinung nach dem Feind nicht mehr schaden könne und der Tod der ca. 1000 Besatzungsmitglieder nicht zu rechtfertigen wäre. Dies war die „kühle Überlegung“, von der Langsdorff in seinem Brief an seine Ehefrau sprach. Er sah nicht die geringste Erfolgsmöglichkeit und zog daraus die Konsequenz, das Schiff zu zerstören und die Besatzung zu retten.
Doch gleichzeitig wollte Langsdorff „die Ehre des Schiffes“ und „die Ehre der Flagge“ wahren. Glaubte er dies nur dadurch tun zu können, dass er sich auf der Kriegsflagge der „Admiral Graf Spee“ erschoss? Glaubte er, mit diesem Schritt die „Ehre des Schiffes“ und die „Ehre der Flagge“ zu verteidigen, nachdem er vorher dafür gesorgt hatte, dass seine Besatzung überleben konnte? In Deutschland erließ der Oberbefehlshaber der Marine, Großadmiral Erich Raeder, am 20. Dezember 1939 einen Befehl, wonach jedes Schiff der Marine „bis zur letzten Patrone“ zu kämpfen hätte. Das Verhalten Langsdorffs wurde als indiskutabel betrachtet. Seiner Witwe verweigerte man die Pension.
Bei der Beerdigung von Langsdorff am 22. Dezember 1939 in Buenos Aires legte eine Abordnung der englischen Handelsschiffoffiziere einen Kranz nieder, deren Schiffe von der „Admiral Graf Spee“ versenkt worden waren. Auch die in Argentinien gebliebenen Besatzungsmitglieder des Panzerschiffs hielten das Ansehen ihres Kommandanten in Ehren. Das Grab wird noch heute gepflegt.
Langsdorff war eine Persönlichkeit, die man heute als einen Offizier und Gentleman bezeichnen würde. Allein der Umgang mit seinen Gefangenen spricht Bände. Langsdorff hatte das Glück, den Krieg und seine Gräuel nicht miterleben zu müssen, ebensowenig die nationalsozialistischen Verbrechen. Aus seiner Sicht hatte er seine Pflicht gegenüber seiner Besatzung, dem Schiff, Deutschland und dem Führer erfüllt, auch wenn letzterer es anders sah. In der Tradition eines Seeoffiziers war es für ihn auch eine Pflicht, den Untergang seines Schiffes nicht lange zu überleben, zumal er wohl für sich auch keine Zukunft mehr sah. Andere Offiziere von Heer und Marine sahen das später anders und verheizten skrupellos ihre Leute um sich dann selbst in Gefangenschaft zu begeben!