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Dieses Thema hat 7 Antworten
und wurde 669 mal aufgerufen
 Habt ihr das gewusst?
Waldi44 Offline




Beiträge: 563

10.05.2011 17:42
RE: Ach der........ Antworten

Ein wirklich bemerkenswertes aber weitestgehend unbekanntes Bonmot aus dem 2. Weltkrieg ist mir beim Lesen* unter die Augen gekommen und ich möchte es hier mal vorstellen. Ich findes es auch sehr bezeichnend sowohl für denjenigen, der es prägte, als auch für denjenigen auf den es gemünzt war.
Auf der Konferenz von Jalta (4. bis zum 11. Februar 1945) lies US Präsident Roosevelt Stalin fragen, wer denn der Herr mit dem Kneifer sei, der dem Botschafter Gromyko gegenüber sass. Stalin erwiederte über den Dolmetscher:"Ach der. Das ist Beria**, unser Himmler".
Stalin war ja für seine derben oft makaberen aber meist hintersinnigen Sprüche bekannt und beschäftigte noch lange nach seinem Ableben allein damit dutzende Kremlastrologen!

* Die Grosse Katastrophe, Norman Davis
** Lawrenti Beria (1899–1953), sowjetischer Politiker und Chef der Sicherheitsdienste der UdSSR
Beria oder Beriah: hebr. „hervorragend“

steffen04 Offline



Beiträge: 49

17.05.2011 10:33
#2 RE: Ach der........ Antworten

Zitat
Gepostet von Waldi44
Ein wirklich bemerkenswertes aber weitestgehend unbekanntes Bonmot aus dem 2. Weltkrieg ist mir beim Lesen* ...

* Die Grosse Katastrophe, Norman Davis
** Lawrenti Beria (1899–1953), sowjetischer Politiker und Chef der Sicherheitsdienste der UdSSR
Beria oder Beriah: hebr. „hervorragend“



Nettes Buch, wie hat´s dir gefallen?

Waldi44 Offline




Beiträge: 563

17.05.2011 13:02
#3 RE: Ach der........ Antworten

Ich bin noch dabei und finde es sehr interessant. Es zeigt den einen oder anderen Vorgang aus einem anderen Blickwinkel bzw. verweisst auf andere Aspekte. Vor allem die Zahlen finde ich teilweise sehr beeindruckend und da es sich um ein "Mängelexemplar" handelt, dessen "Mängel" ich noch nicht gefunden habe, war es auch noch recht preiswert. In jedem Fall empfehlenswert und immer gut zum Nachschlagen bzw. Nachlesen!

Waldi44 Offline




Beiträge: 563

29.05.2011 17:40
#4 RE: Ach der........ Antworten

Um mal bei dem Buch zu verbleiben. Ich habe nun den ersten Teil durch und bin weitestgehend mit Davis und seiner Darstellungsweise und seiner Sicht der Dinge einverstanden. Allerdings gibt es einige Punkte, die ich so nicht unwidersprochen lassen möchte und da du, Stafan das Buch ja wohl auch gelesen hast, könntest du vielleicht deine Meinung dazu sagen.
Der erste Kritikpunkt betrifft seine Festestellung, dass nur 3% des Teritoriums der Sowjetunion von den Deutschen besetzt bzw mit Krieg überzogen wurden. Angesichts der gealtigen eurasischen Landmasse die damals die Sowjetunion einschloss, mag das durchaus zutreffend sein (müsste man mal nachrechnen ), aber dann sollte man auch erwähnen, aus welchen Gebieten diese 97% bestehen, nämlich ein Grossteil liegt nördlich des Polarkreises, ein weiterer Teil ist Tundra und Taiga und wieder ein rieseiger Teil knochentrockene Wüste.
Was dann noch übrig blieb, musste grösstenteils auch erst noch urbar gemacht werden. Wobei hier natürlich der Umstand von Bedeutung war, dass sich diese Gebiete weit ausserhalb der Reichweite der Angreifer befanden.
Zweitens ist mir aufgefallen, dass Davis der 6. Armee in Stalingrad die Fähigkeit (Kraft) absprach, dem Angriff der 4. Panzerarmee unter Hoth durch einen Ausbruch entgegen zu kommen. Nach allen mir bekannten Aussagen, war man dazu bereit und wohl auch (zu diesem Zeitpunkt noch!) in der Lage aber es kam kein entsprechender Befehl...
Ein weiter Einspruch zu seiner Meinung zur Heeresgruppe Kurland (Kurlandkessel), deren halbe Million Soldaten er als "danebenstend" bezeichnet aber vergisst, dass sie immerhin 3 sowjetische Armeen banden, die sonst wohl an der Oder gestanden hätten - die halbe Million deutscher Soldaten allerdings auch. Was wäre für die deutsche Kriegsführung vorteilhafter gewesen?
Und schlussendlich noch seine Einlassung zum polnisch sowjetischen Krieg. Damit steht er allerdings nicht alleine, wenn man den Sowjets eine Offensive in Richtung Westen (Deutschland) vorwirft und er steht ebenso nicht alleine im anscheinend kollektiven Vergessen (oder nicht Wissen?), wer denn eigentlich diesen Krieg begonnen hatte - nämlich die Polen, die ihre neue Staatsgrenze über die Curzonlinie hinaus nach Osten ausdehnen wollten und dabei sogar Kiew eroberten und dass die Sowjets dann an der Weichsel standen war nur die Folge ihrer erfolgreichen Gegenoffensive.

Manchmal geht Davis auch etwas grosszügig mit historischen Tastsachen um, so wurden beim fingierten Überfall auf den Sender Gleiwitz gleich mehrere KZ Häftlinge in polnischer Uniform "niedergemähnt" und liegengelassen. Meines wissens, und ich habe das noch mal nachgelesen, war es nur einer!
Sender Gleiwitz

[ Editiert von Administrator Waldi44 am 31.05.11 10:08 ]

steffen04 Offline



Beiträge: 49

07.06.2011 16:05
#5 RE: Ach der........ Antworten

Norman Davies: Die grosse Katastrophe
Um das Buch werten zu können, sollte man etwas über den Autor wissen:
Davies ist britischer Historiker mit Forschungsschwerpunkt Osteuropa. Er hat einige Jahre in Polen verbracht, auch eine sehr empfehlenswerte Geschichte Polens („Im Herzen Europas“) geschrieben. Er ist eindeutig ein emotionaler Historiker und bringt immer eine Menge Position und Wertung in seine Werke. Ich mag das eigentlich nicht. Davies macht aber nie einen Hehl aus seiner Parteilichkeit, daß macht´s erträglich.
Mit „der grossen Katastrophe“ hat er eine Gesamtschau über den zweiten Weltkrieg herausgebracht, das sich auf vier Arten von den bisherigen angelsächsischen Werken über WWII unterscheidet.

- 1. Ist es nicht chronologisch sondern beschreibt in fünf Teilen (Kriegführung, Soldaten, Politik, Zivilisten, Darstellung in den Medien) den Konflikt
- 2. Rückt er die angelsächsische WWII-Perspektive zurecht (s.u.)
- 3. Unterscheidet er explizit zwischen „Russland“ und „Sowjetunion“ und belegt damit recht eindrucksvoll, das Russland vom Krieg eigentlich kaum berührt wurde. Die Hauptlast trugen die westlichen Sowjetrepupliken, die wir heute wieder kennen als Ukraine, Weissrussland, Moldawien, den baltischen Staaten etc
- 4. Stalin siehr er nicht als Uncle Joe und die SU nicht als netten Verbündeten. Vielmehr sieht er im Triumph des Bolschewismus ebenso eine Niederlage des Westens wie es ein Triumph der Nazibarbarei gewesen wäre: eben "Die grosse Katastrophe" Europas

Zu Punkt 1). Ich find´s spannend, lest es selbst.
Zu Punkt 2) Für einen Briten ist nach der Lektüre der klassischen WWII-Gesamtschauen von Churchill, Lidell Hart , selbst John Keegans 1989 der Stellenwert von Stalingrad und El Alamein etwa gleich hoch. Bagration (die endgültige Niederlage der Wehrmacht im Osten und damit das militärische Entscheidung des Krieges) erfährt selbst in Keegans Werk von 1989 weniger Raum als Overlord.
Davies als Osteuropahistoriker stellt mit umfangreichem Zahlenmaterial klar, das die westlichen Kriegsschauplätze im Vergleich zur Ostfront nur schmückendes Beiwerk und Vorlage für mehr oder weniger nette Hollywood-Produktionen war.
Eine originelle Darstellung ist die des Truppenaufmarschs in Mannmonaten: von 426 Mio Mannmonaten insgesamt 39-45 in Europa/Nordafrika entfallen 406 auf die Ostfront 41-45!
Wir Deutschen wissen natürlich, daß wir den Krieg nicht den Knicks der Normandie verloren haben, aber die die absolute Klarheit des Zahlenmaterials ist auch für uns erhellend.
Zu Punkt 3): war nach dem Zerfall der Sowjetunion schon lange überfällig und sollte auch jedem unserer Ostpolitiker jeden Tag mit dem Morgenkaffe unter die Nase gerieben werden.
Zu Punkt 4). Ich find´s spannend, lest es selbst.

Fazit: unbedingt lesen, aber kritisch bewerten. So hat er es wohl auch gewollt

[ Editiert von steffen04 am 07.06.11 16:32 ]

steffen04 Offline



Beiträge: 49

07.06.2011 16:15
#6 RE: Ach der........ Antworten

Zitat
Gepostet von Waldi44

Der erste Kritikpunkt betrifft seine Festestellung, dass nur 3% des Teritoriums der Sowjetunion von den Deutschen besetzt bzw mit Krieg überzogen wurden. Angesichts der gealtigen eurasischen Landmasse die damals die Sowjetunion einschloss, mag das durchaus zutreffend sein (müsste man mal nachrechnen ), aber dann sollte man auch erwähnen, aus welchen Gebieten diese 97% bestehen, nämlich ein Grossteil liegt nördlich des Polarkreises, ein weiterer Teil ist Tundra und Taiga und wieder ein rieseiger Teil knochentrockene Wüste.
Was dann noch übrig blieb, musste grösstenteils auch erst noch urbar gemacht werden. Wobei hier natürlich der Umstand von Bedeutung war, dass sich diese Gebiete weit ausserhalb der Reichweite der Angreifer befanden.
[ Editiert von Administrator Waldi44 am 31.05.11 10:08 ]



Ich finde auf Seite 40 meiner Ausgabe die Aussage, daß "mehr als 90% des Territoriums der UdSSR den ganzen Krieg hindurch völlig unberührt blieben". Das wrid im grossen und ganzen stimmen. Die Schlussfolgerung ist ebenfalls klar: man sollte keinen Krieg mit jemanden anfangen, den man nur am Bauch kitzeln kann.

[ Editiert von steffen04 am 07.06.11 16:16 ]

steffen04 Offline



Beiträge: 49

07.06.2011 16:29
#7 RE: Ach der........ Antworten

Zitat
Gepostet von Waldi44
Und schlussendlich noch seine Einlassung zum polnisch sowjetischen Krieg. Damit steht er allerdings nicht alleine, wenn man den Sowjets eine Offensive in Richtung Westen (Deutschland) vorwirft und er steht ebenso nicht alleine im anscheinend kollektiven Vergessen (oder nicht Wissen?), wer denn eigentlich diesen Krieg begonnen hatte - nämlich die Polen, die ihre neue Staatsgrenze über die Curzonlinie hinaus nach Osten ausdehnen wollten und dabei sogar Kiew eroberten und dass die Sowjets dann an der Weichsel standen war nur die Folge ihrer erfolgreichen Gegenoffensive.
[ Editiert von Administrator Waldi44 am 31.05.11 10:08 ][/b]



Davies ist in all seinen Werken (siehe auch "Im Herzen Europas - die Geschichte Polens") sehr polenfreundlich.

Waldi44 Offline




Beiträge: 563

18.06.2011 17:53
#8 RE: Ach der........ Antworten

Ok, 3% oder 5%, das meiste blieb verschont aber eben auch der Hinweis auf "WAS" da verschont bzw. um welche 3-5% besetztes Gebiet es sich handelte. Ich meine irgendwo gelesen zu haben, dass in diesem Gebiet 60% der sowjetischen Rüstungsindustrie (oder Gesamtindustrie) lag und bei einem Totalverlust, hätten die Russen sich mit ihren restlichen 90% verabschieden können . Aber und das ist eben auch eine grosse Leistung, sie retteten das Meiste nicht nur vor der Zertörung oder dem deutschen Zugriff, sondern bauten das Ganze auch noch wieder auf und produzierten...
Ja, in dem Buch sind einige Fakten etwas verwirrend dargestellt .

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