Wie schon mehrfach erwähnt, ging ja deutscherseits schon zu Kriegsbeginn so ALLES schief, was schiefgehen konnte und somit wurde der Grundstein für die Niederlage eigentlich schon recht früh gelegt. Ich fasse noch einmal zusammen: Der Schlieffenplan war der Grundpfeiler jeder deutschen Kriegsplanung. Überfallartiger Angriff im Westen mit schnellem Sieg über die Franzosen (Weihnachten wollte man wieder zuhause sein). Die Briten spielten bei dieser Planung noch keine Rolle. Dann mit den siegreichen Truppen gegen die Dampfwalze Russland ziehen, die erst dann vermutlich (so glaubte bzw hoffte man) in die Gänge gekommen sein würde. Der Angriff auf den "Erbfeind" sollte über das neutrale Belgien erfolgen (und ursprünglich sogar noch über das südwestlich Holland). Dabei ging man von zwei Faktoren aus, die man als gegeben ansah: Die Belgier würden den Deutschen entweder das Durchmarschrecht gewähren oder nur symbolischen Widerstand leisten und zweitens die Briten sähen in ihrer Garantieerklärung für Belgien nur einen symbolischen Akt. Wie wir wissen irrte man sich gerade diesbezüglich sehr und auch ein gewisser Hitler rund 30 Jahre später (Polen). ALLES ging schief und man hatte keinen "Plan B". Der Schlieffenplan mit seiner festgelegten zeitlichen Abfolge, brachte außerdem den deutschen Generalstab und somit auch den Kaiser in Zugzwang. Abwarten und taktieren war ab einem gewissen Zeitpunkt daher nicht mehr möglich. Nachdem im Westen quasi schon alles anders als erhofft gelaufen ist, machten auch die Russen einen dicken Strich durch den Schlieffenplan, indem sie nämlich nicht erst die vollständige Mobilisierung abwarteten ehe sie aktiv wurden, sondern schon mit nur zwei Armeen in Ostpreußen angriffen und die deutsche Grenze überschritten. Soweit die Ereignisse zu Lande. Nun möchte ich mich mal denen zur See zuwenden. Hier muß ich sagen, daß ich erst sehr spät erkannte, wie das mit der deutschen Hochseeflotte eigentlich ablief und daß auch hier wieder nur der Wunsch Vater des Gedanken war. Tirpitz und der flottenvernarrte Wilhelm II. hatten eine hochmoderne Hochseeflotte geschaffen, die eigentlich ihren Namen HOCHSEEflotte nicht verdiente. Nur wenige Schiffe befanden sich zu Kriegsbeginn tatsächlich auf hoher See und während des Krieges eigentlich nur zu Hilfskriegsschiffen umgebaute Hilfskreuzer und bewaffnete Blockadebrecher und natürlich die U-Boote. Die stolzen Schlachtschiffe, Schlachtkreuzer und Schweren Kreuzer lagen meist in ihren Häfen oder auf Reede und wurden zu Keimzellen der politischen Unruhen. Das höchste was sie von der Hochsee zu sehen bekamen, war die Nordsee und gelegentlich die englische Ostküste. Denn auch hier hatte ihnen ihr Gegner gleich zwei dicke Striche durch die Rechnung gemacht: Erstens war die Garantieerklärung für das neutrale Belgien nicht nur ein symbolischer Akt, wie gehofft und zweitens gab es keine Nahblockade und Angriffe auf die deutsche Küste, wie erwartet und ebenfalls erhofft. Mit der Fernblockade, brach das ganze maritime Konzept zusammen. Die deutsche Hochseeflotte saß im "Nassen Dreieck" der Nordsee fest und hatte tatsächlich nur eine einzige Chance, sich ernsthaft mit den Briten in einer offenen Seeschlacht zu messen. Wer aus dieser Schlacht als Sieger hervorging, wird bis heute diskutiert. Wie aber kamen die Deutschen darauf, daß die Briten von allein in die Reichweite ihrer Flotte und Küstenbefestigungen kommen würden? Natürlich hat man seine potentiellen Gegner studiert auch wenn man eher davon ausging, nicht mit England in einen Krieg zu geraten, sondern es nur mit Frankreich und Russland zu tun zu haben. In England beherrschte damals die "Blue Water School" das maritime Denken der Militärs. Sie gingen einfach davon aus, daß ihre Flotte das einzig entscheidende Kriegsmittel zur Erringung eines Sieges sei. Danach hatte der, der die Seeherrschaft besaß, den Krieg, bzw einen Krieg, schon gewonnen. Für einen Inselstaat wie Großbritannien vielleicht sogar logisch, insgesamt aber eher unlogisch. Einer der eifrigsten Verfechter war Admiral Philip Colomb und das brachte er in Buchform auch zu Papier. Das und andere diesbezügliche Ideen lasen natürlich auch die Deutschen und leiteten daher ihre Schlußfolgerungen für ihr Marinekonzept ab. Die russische und französische Flotte spielte dabei eher eine untergeordnete Rolle. Lediglich im Zusammenwirken mit der Navy erwog man einen eventuellen Durchbruch eine größeren Flottenverbandes in die Ostsee um zu den verbündeten Russen durchzustoßen. Die Briten beabsichtigten also mit der Erringung der Seeherrschaft nicht nur die gegnerische Seefahrt zu unterbinden, sondern auch entscheidend auf die militärischen Ereignisse an den Landfronten einzuwirken. Die Antwort darauf, wie genau das erfolgen sollte, blieb aber auch Admiral Colomb schuldig. Aber er stand mit seinen Vorstellungen nicht allein. Der US Amerikaner Alfred T. Mahan vertrat in seinen Schriften eine ähnlich Meinung. Colomb ging davon aus, daß die Seeherrschaft nur in einer Entscheidungsschlacht errungen werden konnte. Darüber hinaus sollten die Häfen des Gegners blockiert und seine Küstenbefestigungen angegriffen werden. Angedacht waren unter anderem Schleswig, Kiel und die Elbemündung. Die Navy sollte aktiv angreifen und kämpfen. Hier setzte dann das deutschen Konzept an (von v. Tirpitz vertreten): Die deutsche Hochseeflotte mußte so stark sein, daß das Risiko sie anzugreifen in keinem Verhältnis zum erreichbaren Endergebnis stehen würde. Bis etwa 1906 vertrat man in England diese Theorie, ehe ein Umdenken einsetzte und aus der allumfassenden Seeherrschaft eine punktuelle wurde: Seeherrschaft dort, wo man sie brauchte! Die deutsche Hochseeflotte aber war schon gebaut, befand sich im Bau oder war dahingehend geplant, daß man auf die Briten zur Entscheidungsschlacht wartete. Doch bekanntlich kamen die nicht und die ganze schöne deutsche Hochseeflotte verrostete über Jahre in ihren Häfen um sich am Schluß selber zu versenken!