Der BT Panzer, "Vater" des T-34
Die Behauptung, die Panzer der BT Serie seien von den Sowjets gezielt für eine Invasion Mittel- und Westeuropas entwickelt und gebaut worden, begegnet mir in der Kausalkette der Beweise für eine Erstschlagstheorie der Roten Armee immer wieder. Zuerst die Absicht, dann der Panzer. Klingt einfach und einleuchtend.
Was nun zeichnete diesen Panzer gegenüber den anderen aus, dass er sozusagen zur "Speerspitze" eines bolschewistischen Angriffs auf Europa werden sollte. Er gehörte quasi am Baum der Panzerevolution zu einer Unterart an einem später abgestorbenen Ast. Er war ein durchaus vollwertiger Panzer, der sowohl auf Ketten, wie bei Panzern im Allgemeinen so üblich, als auch auf Rädern (4 Paare) fahren konnte. Die Umstellung auf die je andere Betriebsarte dauerte um die 30 Minuten. Als Radpanzer brachte es der BT-5 auf der Straße und mit Rädern auf beachtliche 75 Km/h und der BT-7M(BT-8) gar auf 86 Km/h, was der ganzen Panzerserie ihren Namen einbrachte; BT = Bystrochodni Tank = schneller Panzer.
So nun die Logik der Erstschlagsapologeten, war es doch logisch, dass die Radfahrfunktion im fast strassenleeren russischen Raum kaum Sinn machte und ganz eindeutig für das dichte Straßennetz in Mittel- und Westeuropa gedacht war. Dass man das aber auch andersrum sehen konnte, nämlich, dass auf den wenigen russischen Straßen auf Rädern und im riesigen straßenlosen Raum, wo ein Vorwärtskommen auf Rädern sehr problematisch werden konnte, wie später auch die Wehrmacht festellen mußte, eben mit Ketten gefahren wurde, fällt bei der Betrachtug einfach unter dem Tisch.
Unter das besagte Möbel fällt auch meist die Tatsache, dass der BT eigentlich KEINE sowjetische Entwicklung war, sondern eine US amerikanische. Aber wie so oft, galt der Prophet nichts im eigenem Land und so war es mit dem Ingenieur und Konstrukteur John Walter Christie nicht viel anders. Seit 1916 konstruierte er gepanzerte Fahrzeuge, von denen man aber bei der US Army nicht besonders viel wissen wollte. Man hatte damals über den Einsatz von Panzern eben noch ganz andere Vorstellungen und war gedanklich dem 1. Weltkrieg verhaftet.
Worin bestand denn nun Christis bahnbrechende Idee beim Panzerbau? 1928 entwarf er sein Modell "M1928", dem er selbst den Namen "M1940" gab, um auf die Fortschrittlichkeit seiner Konstruktion hinzuweisen. Seine Räder/Laufrollen hatten alle eine Einzelaufhängung und seine Panzerplatten waren schräg montiert. Womit auch die Mähr, die Russen hätte die angewinkelte Panzerung erfunden, beseitigt ist. 109 Km/h erreichte sein Prototyp auf der Straße, wobei man hinzufügen muß; Ohne Turm!
Warum eigentlich konstruierte Christie eine "Radpanzer", eine Domän, die später den Radschützenpanzern vorbehalten blieb? Eines der größten Probleme damals bildeten die Ketten. Sie waren wenig haltbar. Glieder brachen oder verformten sich, Kettenbolzen brachen oder die Ketten sprangen einfach vom Leit- oder Antriebsrad und das eben schon oft, bevor der Panzer zum Kampfeinsatz kam. Um das verhindern, sollte der Panzer den Anmarsch zum Gefecht auf Rädern bewerkstellingen. Sicherer und schneller als auf Ketten. Der Transport von Panzern per LKW stand damals noch nicht zur Debatte.
Anders als die US Armee, interessierten sich andere für Christies Panzer, unter anderem auch die Sowjets, die nichts vergleichbares hatten und sehr richtig das Potential dieses Panzers oder besser gesagt Panzerprototyps erkannten. Aha, werden nun die Erstschlagsbefürworter sagen! Also hat man diesen Panzer eben nicht selber erfunden aber, weil er in militärische Konzept der Sowjets passte, gekauft. Aber selbst wenn dem so gewesen sein sollte, bleibt dann die Frage, warum die Sowjets dieses Projekt nicht weiterführten, beim A20 mit dem kombinierten Antrieb aufhörten und stattdessen den T-34 entwickelten?
Die Russen gründeten eine Scheinfirma in den USA und unter ihrem Deckmantel kauften sie 2 Prototypen und sämtlich Baupläne. Ausprobiert wurden die BT Panzer im "scharfen Schuß" dann in Spanien, wohin die Sowjets 50 BT-5 Panzer entsandten, wo sich die Panzerung trotz abgeschrägter Panzerplatten als viel zu gering erwies. Über den A20, A30 und A34 (die Zahl besagt die jeweilige Panzerung), gelangte man schließlich zum T-34 (hier besagt die Zahl das Datum des Beginns der Konstruktion), die alle Christies Laufwerk und abgeschrägte Panzerplatten aber am Schluß nur noch einen Kettenantrieb besaßen.
Übrigens sei zu der Erstschlagtheorie noch folgendes gesagt: Dass es über kurz oder lang zum Krieg zwischen der Sowjetunion und Deutschland gekommen wäre, steht im Grunde außer Zweifel. Außer Zweifel steht auch, dass die Zeit für die Sowjets arbeitete aber den BT als Beweis für ihre Absichten anzuführen, ist vielleicht doch etwas weit hergeholt.
Allerdings passte er durchaus in die Militärstrategie der Roten Armee. Ihre Militärdoktrien sahen eine grenznahe Abwehrschlacht mit anschließendem Durchbruch durch die feindlichen Linien und einen weiten raumgreifenden Vorstoß in das gegnerische Territorium vor. Dafür war in Verbindung mit größeren Kavallerieeinheiten, der BT durchaus das ideal Begleit- bzw Angriffsfahrzeug.
Aufgrund dieser Strategie, läßt sich auch die relativ grenznahe Aufstellung der Roten Armee zu Kriegsbeginn erklären, so man das als Erklärung annimmt und auch der zum Teil äußerst zähe Widerstand einiger Verbände der Roten Armee, die lange auf den erwarteten Gegnschlag ihrer Armeen warten ohne auch nur zu ahnen, dass dieser nie kommen würde, da die Armeen, die den Krieg im Gegenschlag auf das Territorium des Gegners tragen sollten, bereits zerschlagen, auf dem Rückzug oder auf den Weg in die Gefangenschaft waren!