Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess wurden die Angeklagten unter anderem nach dem recht umstrittenen Paragraphen des "Verbrechens gegen den Frieden" mehrheitlich zum Tode und zu höhen Zuchthausstrafen verurteilt. Durchaus zu Recht fragte und fragt man sich, was das denn für ein Paragraph sei und wo man in findet. Schon die Richterin Nürnberg fanden ihn nicht und die Ankläger selbst waren sich uneins, ob sie dies auch tatsächlich als Anklagepunkt aufführen sollten. Die Franzosen hatten Bedenken ob man eine Einzelperson überhaupt wegen eines solchen Verbrechen bezichtigen bzw. Anklagen konnte und die Russen hatten selber einige"Leichen im Keller" wegen der Kriege mit Finnland und Polen. Aber da man ja die Prozessordnung selber festlegte, schuf man den Artikel 21, in dem, „allgemein anerkannte Tatsachen“ nicht mehr bewiesen werden müssten. Natürlich nur "allgemein anerkannte Tatsachen" welche die deutsche Politik und Kriegsführung betrafen. Mögliche Belastungen (zurückhaltende Umschreibung von "Verbrechen") der Alliierten durfte die deutsche Verteidigung nicht als Gegenbeweise vorlegen, was die Möglichkeit der Berufung ausschloss. Doch in diesem Beitrag geht es nicht um den Nürnberger Prozess, sondern um die Frage worauf sich der Anklagepunkt des "Verbrechens gegen den Frieden" stützte. Als "Verbrechen gegen den Frieden" wurde die Vorbereitung und Führung eines Angriffskrieges angesehen. Nun fragt sich der historisch etwas bewanderte Zeitgenosse, wo denn so etwas vor 1945 geschrieben stand? Selbst der 1919 gegründete Völkerbund verbot Kriege allgemein und auch Angriffskriege im besonderen nicht. Moralische Einwände bleiben hiervon unberührt aber auch aussen vor. Erst wenn man den am 27. August 1928 abgeschlossenen Briand*-Kellogg**-Pakt zu Rate zieht und den kennt heute kaum jemand, kann man einen Hauch dessen erahnen, was den Nürnberger Richtern vorgeschwebt haben mag.Die 15 Unterzeichnerstaaten, bis 1929 waren es dann 63 Staaten, verpflichteten sich, auf den Krieg als Mittel zur Lösung internationaler Streitfälle zu verzichten. Auch und vor allem aus nationalen Interessen geführte Angriffskriege (Der Pakt deffinierte den Begriff "Angriffskrieg nicht) wurden für völkerrechtswidrig erklärt. Ausgenommen davon wurde das Recht auf Selbstverteidigung und die (auch militärische) Teilnahme an Sanktionen des Völkerbundes. Bei den "aus nationalen Interessen geführte Angriffskriegen" mag der Gedanke an Deutschlands "alleiniger" Kriegsschuld am 1. Weltkrieg, Pate gestanden haben. Nur folgte dieser "Verpflichtung" keine Androhung von kollektiven Saktionen oder gar strafrechtlichen Massnahmen. Die wurden dann erst im Nachhinein von den Nürnberger Richtern eingesetzt. Bei dem Briand- Kellogg- Pakt handelt es sich also "nur" um einen Kriegsächtungs-Pakt. Ohne Verpflichtungen trotz Verpflichtung und ohne Konsequenzen bei Nichteinhaltung, also ein eher unverbindliches geduldiges Papier mehr, das allerdings, da der Vertrag als unkündar gilt, bis heute gültig ist.*** Ursprünglich war französischerseits dieser Pakt als ein Pakt gegen das aufstrebende und wiedererstarkende Deutschland gedacht. Im Hintergrund standen wohl die Ereignisse des 1. Weltkrieges und der neuerliche Versuch Deutschland zu isolieren. Dieser Versuch schlug allerdings fehl und Deutschland gehörte mit zu den ersten Unterzeichnern dieses Paktes.
* 1925-1929 Außenminister in der Regierung von Poincaré und in den nächsten 13 Regierungen, in denen er sich für eine friedliche Politik - Abrüstung, Annäherung an Deutschland, internationale Zusammenarbeit - einsetzt. Briand und Stresemann erhielten 1926 den Friedensnobelpreis. Aristide Briand stirbt am 7. März in Paris.
** Frank Billings Kellogg (* 22. Dezember 1856 in Potsdam N.Y. USA ; † 21. Dezember 1937 St. Paul Minn. USA) US-amerikanischer Jurist und Diplomat . Er war 1923 Botschafter der USA in London und Staatssekretär der USA von 1925 bis 1929 im Kabinett von Präsident Calvin Coolidge . Als Verhandlungspartner des Briand-Kellogg-Paktes einem gegenseitigen Verzicht auf Krieg zwischen Staaten erhielt er den Friedensnobelpreis für 1929 der aber erst 1930 verliehen wurde.
*** Der Vertrag wurde außerhalb des Völkerbundes verhandelt und abgeschlossen. Daher behielt er seine Gültigkeit über das Ende des Völkerbundes hinaus. Das Verbot des Angriffskrieges wurde schließlich auch in die Charta der Vereinten Nationen übernommen.