Der 2. Weltkrieg dauerte für die Sowjetunion 1418 Tage von diesen 1418 Tagen beschreibt Bagramjan, erst als Oberst, dann als General, in seinem Buch "So begann der Krieg" die ersten
178 Tage des von Stalin verkündeten "Grossen Vaterländischen Krieg". Iwan Christoforowitsch Bagramjan, ein gebürtiger Armenier, war zu Kriegsbeginn noch Oberst und Chef der
Operationsabteilung der Südwestfront und des besonderen Militärbezirks Kiew. Ausserdem wurde er erst nach Kriegsbeginn in die kommunistische Partei aufgenommen. Bagramjan war
auch in anderer Hinsicht ein "Späteinsteiger", denn nach der Oktoberrevolution kämpfte er in seiner kaukasischen Heimat für die armenischen Nationalisten und erst 1920 wechselte er die
Fronten und trat in die Rote Armee ein.
Diesen Umstand allerdings erwähnte weder er, noch der Klapptext des Buches, das 1972 in Ost Berlin erschien wohl aber die Freude die er empfand, als man ihn in die kommunistische
Partei aufnahm - war wohl dem Leser einfacher zu erklären.
Doch wie dem auch sei vermittelt das Buch einen unschätzbaren Eindruck der ersten Kriegstage und -wochen aus sowjetischer Sicht und Bagramjan war nicht irgendwer...
Er berichtet über die Geschehnisse bei der 5. Sowjetischen Armee unter Potapow, der 6. Sow. Armee unter Muzychenko und der 26. Armee unter Kostenko. Auch wenn zur Südwestfront
noch die 12., die 18. und die 9. Sow. Armee gehörten, beziehen sich seine Schilderungen hauptsächlich auf die erstgenannten Armeen. Gleich hier muss man den werten Leser noch auf
einen wichtigen Umstand aufmerksam machen - sowjetische Armeen waren in der Regel wesentlich kleiner als deutsche und zählten selten mehr als 100.000 Mann.
Eins sowjet. Armee bestand in etwa aus: Infanteriekorps mit jeweils 3 Infanteriedivisionen, sowei einem mot. Korps mit je 2 Panzerdivisionen und einer mot. Division. Aber auch die nächst
kleinere milit. Einheit hatte deutlich weniger Soldaten. 2 1/2 sowjet. Divisionen entsprachen in etwa einer deutschen. Das sollte man bei Zahlenvergleichen und -spielereien berücksichtigen.
Dann erscheint manches Zahlenverhältnis in einem ganz anderen Licht.
Interessanterweise finden sich in den Memoiren kaum Hinweise auf ungarische oder rumänische Truppen, obwohl ihre Angriffsrichtung auch auf die Südwestfront zielte. Die Angriffe der
deutschen 6. Armee, v. Reichenau, die 17. Armee unter v. Stülpnagel und die der Panzergruppe 1 unter Kleist und später auch die der Panzergruppe 2 unter Guderian hingegen werden recht
ausführlich beschrieben und mit all ihren Folgen für die Rote Armee.
Bagramjan beginnt seine Memoiren mit einer Rundreise zwecks einer Inspektion in den neuen Gebieten nur wenige Tage, ja fast nur Stunden vor Kriegsbeginn. Bei den "neuen Gebieten"
handelte es sich um die im Vorjahr eroberten polnischen Ostgebieten. Diese wurden nun wieder der Ukraine angegliedert. Hier ist schon der erste Knackpunkt. Vielen ist die Geschichte
dieser Grenze überhaupt nicht bekannt und so hinterhältig der Angriff auf Polen im Jahre 1939 auch war, so holten sich die Sowjets lediglich das zurück, das sich die Polen seinerzeit
ihrerseits gestohlen hatten oder anders formuliert: Ein Dieb nahm dem anderen die Beute wieder ab.
Übrigens hatte sich Stalin bei der Verteilung der Beute (Polen), sehr geschickt verhalten und sich fast ausschliesslich auf das ehemalig per Vertrag festgelegte Gebiet beschränkt. So konnte
er sich, was er ja auch tat, nach Kriegsende, egal wer Sieger blieb, immer darauf berufen, nur russisches Gebiet "heimgeholt" zu haben.
Nach dem Polnisch-Sowjetischen Krieg 1919–21, der mit dem Frieden von Riga endete, wurde die Grenze weit östlich der Curzon-Linie festgelegt. Der damalige Verlauf der Ostgrenze
Polens und somit auch der heutige, stimmt weitgehend mit der 1919 vorgeschlagenen Curzon-Linie überein und Bagramjan verschwendete auch keinen einzigen Gedanken an die
Rechtmässigkeit seiner Anwesenheit und die der Roten Armee in diesen alten "neuen Gebieten".
Seine Inspektion findet nicht nur in der Zeit unmittelbar vor Kriegsbeginn statt, sondern auch mitten in der Phase der Umorientierung und Umstrukturierung der Roten Armee. Eine
Umorientierung, die aus der Analyse der deutschen Feldzüge resultierte und auch die seit 1940 laufende Umstrukturierung (speziell der Panzertruppen) hatte dort ihren Ursprung. Einher
ging eine massive personelle Verstärkung der Armee (die schon lange vorher in Etappen begonnen hatte) im allgemeinen und der Grenztruppen im Besonderen.
Bagramjan macht daraus keinen hehl und verweist dabei auf die seiner Meinung ohnehin viel zu schwachen Grenztruppen. Es wurden jede Menge neuer Truppen aúfgestellt und Bagramjan
zeigt anhand ettlicher Beispiele was da so alles schief ging. Schief ging, dass es sich bei den meisten Einheiten lediglich um Rumpfeinheiten handelte, die erst noch zu kampffähigen
Einheiten geformt werden mussten. Panzerkorps mit wenigen veralteten Panzern, Mot. Korps mit mehr Pferdegespannen als LKW's oder Zugmaschinen. Diese (LKW's und Zugmaschinen)
standen zumeist noch in den Kolchosen und sollten erst im Mobilisierungsfall den Truppen zugeführt werden - was natürlich Zeit voraussetzte.
Hm und was ist mit den tausenden sowjetischen Panzern? DIE gab es natürlich auch (von den rund 24.000 Sowjetpanzern waren nur knapp 1.800 vom Typ T-34 oder KW- und die standen
bei weitem nicht alle an der Südwestfront) aber anders als bei der Wehrmacht, meist verteilt auf die Infanterie Divisionen und nur wenige reine Panzereinheiten. Das war eine der Lehren,
welche die sowjetischen Strategen aus dem Panzereinsatz im spanischen Bürgerkrieg gezogen hatten. Erst die Erfoge der massiven deutschen Panzereinsätze führte zu einem Umdenken
und die Ergebnisse daraus solten just jetzt umgesetzt werden. Wenig später allerdings, nach der Panzerschlacht bei Dubno, musste das Konzept mangels Masse, sprich Panzer, wieder
aufgegeben werden und die wenigen verbliebenen Panzer wurden wieder der Infanterie als Unterstützung zugewiesen.
Insofern kann man der Präventivschlaganhängern Recht geben - längeres warten hätte die "Rote Armee" gewaltig gestärkt, zumal sie mit der Einführung neuer Waffen, der Stalinorgel und
des T-34 begann. Den schweren KW gab es schon länger aber auch nur in geringer Stückzahl und da wo er auftauchte bereitete er der deutschen Panzerabwehr gewaltige Schwierigkeiten,
denn nicht überall hatte man zur Abwehr eine 8,8 im Bodeneinsatz.
Eine neu aufgestellte Panzereinheit mit den neuen Panzern besuchte Bagramjan bei seiner Inspektion und bekam einen zwiespältigen Eindruck. Die Mannschaften beherrschten ihr Gerät in
keinster Weise. Es würde noch Wochen dauern, bis zumindest diese Einheit einen gewissen Kampfwert darstellen würde. Andererseits bewiesen die erfahrenen Ausbilder, was der Panzer,
gut geführt tatsächlich konnte.
Am 19. Juni 1941 kam aus Moskau der Befehl zur Bildung der Südwestfront mit Stabssitz in Ternopol. Die Front bestand aus der 5., 6., 12. und 26. Armee, sowie später den Resten der
zerschlagenen Grenztruppen. Am 20. Juni verliess die Wagenkolonne des Stabes Kiew. Am 22. um 7 Uhr in der Frühe wurde sie nahe ihrem Ziel von deutschen Flugzeugen angegriffen.
Bleiben wir mal bei den Flugzeugen. Das waren bei weitem nicht die ersten die Bagramjan zu sehen bekam. Schon seit Tagen flogen deutsche Flugzeuge zur Aufklärung über die
sowjetische Grenze und kein russischer Jäger oder eine grenznahe Flak beschoss sie. Vielfach wurde in Moskau angefragt, wann man denn entlich schiessen dürfe aber der Befehl wurde
nie erteilt. Im Gegenteil: der Beschuss deutscher Flugzeuge wurde aufs schärfste Verboten.
Merkwürdigerweise wird von den Erstschlagbefürwortern gerade das als Beweis für die Aggressivität der sowjetischen Militärs und eines bevorstehenden Angriffs gewertet. Auch die doch
eher grenzferne Aufstellung der Hauptstreitkräfte, mindestens zwei Tagesmärsche von der Grenze entfernt, gilt als Beweis der sowjetischen Angriffsabsichten, wobei man den Begriff
"Tagesmärsche" durchaus wörtlich nehmen darf.
Neben den unmittelbaren militärichen Auswirkungen der massiven Luftangriffe wirkten sie sich auch sofort verheerend auf die Kommunikation aus. Diese brach fast augenblicklich
zusammen, da ein Grossteil per Drahtfunk stattfand und diese Leitungen wurde fast ausnahmslos unterbrochen. Nur nach Moskau bestand eine Funkverbindung.
Nun begann für Bagramjan der Krieg und der brachte ihm Arbeit über Arbeit, denn als Stabsoffizier musste er Informationen besorgen und das von Einheiten zu denen es keine Verbindung
mehr gab, von denen man nicht wusste wo sie sich befanden und nur Stunden nach Kriegsbeginn, ob es sie überhaupt noch gab.
Im Moment des Angriffs setzte auf sowjetischer Seite ein fataler Automatismus ein. Man hatte seine Einsatzbefehle und solange nichts Gegenteiliges befohlen wurde (und das konnte wegen
der zerstörten Drahtleitungen niemand mehr, selbst wenn man es gewollt hätte) bewegte sich alles in eine Richtung - nach Westen! Die grenznahen Grenztruppen wollten ihre schon
überrollten Feldbefestigungen unmittelbar an der Grenze beziehen (die, um die Deutschen nicht zu provozieren kaum besetzt waren - auch ein Indiz für den baldigen russischen Angriff) um
den Gegner zu stoppen bzw. seinen Vormarsch zu verlangsamen und die grenzferneren Einheiten (zwei Tagemärsche) zogen zur Grenze um den Durchgebrochenen Gegner zu stoppen,
zu schlagen und dann über die Grenze zurück zu werfen und das mitunter sogar ohne einen einzigen vollen Kampfsatz an Munition - die sollte erst dann nachgeliefert werden, wenn die
dazu notwendigen Transportfahrzeuge eingetroffen sind.
Realitätsferner konnten die Operationen der "Rote Armee" nicht sein. Die Grenztruppen wurden schnell vernichtet oder eingekreist aber doch nicht so schnell und vor allem nicht so wehrlos
wie gehofft. Vom ersten Tag an unternahmen die Russen Gegenangriffe mit allem was noch vorhanden war, nicht selten mit dem Ergebnis, dass die angreifenden Einheiten eingekreist
wurden. Die meisten eingekreisten hielten in der Hoffnung auf Entsatz aus und als sie sich doch zum Durchbruch nach Osten entschlossen, war es spät. Das Gros der anrückenden
Truppen der "Rote Armee" wurde von der deutschen Luftwaffe erbarmungslos angegriffen ohne dass die wenigen noch übrig gebliebenen russischen Jäger das ernsthaft verhindern
konnten. Viele dieser Truppen sahen sich plötzlich gepanzerten deutschen Einheiten gegenüber und mussten das Gefecht aus der Bewegung heraus aufnehmen. Ein sehr schweres
Manöver schon in Friedenszeiten um wieviel schwerer, wenn der Gegner überraschend auftauchte und auch noch die Luftherrschaft besass.
Natürlich beschreibt Bagramjan den heldenhaften Widerstand der tapferen Rotarmisten. Nunja, warum sollte er nicht? Deutsche Generale tun dasselbe in ihren Memoiren. Tatsächlich aber
wird dieser heftige Widerstand auch von deutschen militärichen Führern und Soldaten erwähnt - während und nach dem Krieg. Oft ein Widerspruch für diejenigen, die meinen in der
damaligen Sowjetunion lief jeder mit gebalter Faust in der Tasche rum und erwartete nichts sehnlicher als die Befreiung durch die Deutschen vom stalinschen Joch.
Sicher stand hinter dem einen oder anderen Widerstand ein Sowjetkommissar mit gezogener Pistole aber meist war es einfach das soldatische Pflichtbewustsein und auch die Hoffnung auf
Hilfe, denn selbst Bagramjan wunderte sich über die Befehle die man der Front aus Moskau gab. Aber lakonisch meinte er (damals): Die Genossen in Moskau wissen schon was sie tun.
Heute wissen wir und er, dass sie es nicht wussten.
Was übrigens den Kommissar mit der gezogenen Pistole anbelangt, so waren, wo immer das zutraf, die Deutschen selbst nicht unwesentlich daran beteiligt:"Der Befehl (Kommissarbefehl)
wurde am 6. Juni 1941 kurz vor dem „Unternehmen Barbarossa“ in Zusammenarbeit von OKW und OKH vom OKW erlassen und sollte an die Kommandeure nur mündlich weitergegeben
werden. Im Befehl, für dessen Formulierungen Generalstabschef Franz Halder „maßgebliche Verantwortung“ trug, heißt es:
„Politische Kommissare als Organe der feindlichen Truppe sind kenntlich an besonderen Abzeichen – roter Stern mit golden eingewebtem Hammer und Sichel auf den Ärmeln. […] Sie sind
aus den Kriegsgefangenen sofort, d. h. noch auf dem Gefechtsfelde, abzusondern. Dies ist notwendig, um ihnen jede Einflussmöglichkeit auf die gefangenen Soldaten abzunehmen. Diese
Kommissare werden nicht als Soldaten anerkannt; der für die Kriegsgefangenen völkerrechtlich geltende Schutz findet auf sie keine Anwendung. Sie sind nach durchgeführter
Absonderung zu erledigen.“
Bagramjan geht auf diesen Befehl nicht ein obwohl anderswo erwähnt wird, dass er den Sowjets durchaus bekannt war, wohl aber auf deutsche Flugblätter, aus denen die Rotarmisten zur
Kapitulation aufgefordert wurden. Selbst den Deutschen dämmerte, dass dieser Befehl in Schuss ins eigene Knie war....
Bagramjan liefert für den aufmerksamen Leser auch ein Erklärung für den heftigen sowjetischen Widerstand: Zu Verstärkung der kämpfenden Truppe wurden Volkswehreinheiten gebildet.
das war es aber nicht wohl aber die Zusammensetzung: Von 29.000 Mann waren 22.000 Kommunisten. Ich will damit sagen, dass neben russischen Patriotismus, an den Stalin mit der
Ausrufung des "Grossen Vaterländischen Krieges" appelierte auch der Einfluss der Kommunisten auf den Kampfgeist nicht unterschätzt werden darf.
Übrigens war der "Kampf" um Kiew auch nach dem offiziellen Ende bei weitem noch nicht beendet, denn nun machte sich das sogenannte "Bandenunwesen" bemerkbar. Schon kurz nach
(Nov.) beendigung der Kämpfe, meldete die 454.Sicherungsdivision Sabotageakte, die mit der Erschiessung von 800 Einwohner gesühnt wurde und wenig später starben weitere 400 für
Sabotageakte an Verkehrsanlagen.
Im Wissen um die tatsächlichen Ereignisse möchte man sich am liebsten die kaum noch vorhandenen Haare raufen, wenn man die Befehle liesst. Kirponos der Oberbefehlshaber der
Südwestfront, führte so gut er konnte die erhaltenen Befehle aus, bat aber gleichzeit um die Genehmigung zum Rückzug. Für ihn war die Situation unhaltbar und auch kaum führbar
geworden. Moskau lehnte aber jeden Wunsch nach Rückzug ab und befahl sogar ununterbrochen anzugreifen. Dazu wurde der sowjetische Luftwaffe befohlen, den Gegner mit "mächtigen
Luftschlägen" anzugreifen. Angreifen taten die russischen Flieger auch aber "mächtig" sieht anders aus.
An dieser Stelle sei noch kurz erwähnt, dass die sowjetische Luftwaffe zum Zeitpunkt der beschriebenen Ereignisse zwar gewaltig geschwächt, weil durch den Angriff der Deutschen auf
dem "linken Fuss", sprich: am Boden erwischet wurde, aber sie lebte und kämpfte. Erstmalig, ob im Krieg oder nur an diesem Frontabschnitt wird nicht ganz klar, wird von sowjetischen
Rammstössen auf deutsche Flugzeuge berichtet. Namentlich wird der Staffelkommandeur im 207. Fernbomberregiment, Hauptmann Gastello erwähnt, sowie Hauptmann Chrapaja.
Auch hier wird auf die Rolle der Kommunisten hingewiesen. Von 327 Rammstössen auf sowjetischer Seite, wurden 181 von Kommunisten durchgeführt.
Die sowjetische Luftwaffe flog in der Zeit vom 22. Juni bis zum 10 Juli rund 47.000 Einsätze an der gesamten Front. Also ausgeschaltet oder gar vernichtet war sie nicht, wenn auch kaum
noch zu den "mächtigen" Angriffen fähig, die man aus Moskau von ihr verlangte.
Auch die Gegenangriffe der Bodentruppen blieben meist im deutsche Feuer liegen.
Da Bagramjan sehr oft davon spricht, dass die Soldaten immer wieder zum Angriff antraten, sieht man vor seinem geistigen Auge eben jene Wellen von Menschenleibern, die gegen die
deutschen Stellungen anrannten, wie es oft beschrieben wurden.
Stalin persönlich funkte an den Oberbefehlshaber der 26. Armee Kostenko:"Es ist entlich aufzuhören, Auffanglinien für den Rückzug zu suchen, sondern es ist nach Möglichkeiteb zum
Widerstand und nur zum Widerstand zu suchen"! DAS hätte auch Hitler so unterschrieben!
Dies Antwort kam übrigens nach der Bitte Kiew aufgeben zu dürfen, nachdem Guderian von der Heeresgruppe Mitte östlich der Pripjetker Sümpfe nach Süden abgebogen war und die
Nordflanke der Südwestfront bedrohte und eindrückte und Kiew von Osten einzuschliessen drohte. Einen Tag später wurde der bisherige Oberbefehlshaber der Front Budjonny durch
Timoschenko ersetzt.
Schlussentlich gibt Bagramjan dem sinnlosen Sterben dadurch doch noch einen Sinn, dass er resümiert, dass durch diese Angriffe der Feind geschwächt und vor allem sein Vormarsch
verlangsamt wird. Wie Recht er damit hatte, erführ er erst nach dem Krieg.
Am 18. Februar 1941 verabschiedete der US Kongress das "Leih- und Pachtgesetzt" und am 11. März 1941 trat es in in Kraft. Es besagte, dass der amerikanische Präsident „jeder Nation,
deren Verteidigung er für die Vereinigten Staaten für lebenswichtig“ halte, jede Art von Waffen verkaufen, schenken oder vermieten durfte,..... Vornehmlich war und blieb es Grossbritannien.
Durch den deutschen Angriff aber kam nun auch der ärgste Klassenfeind auf die für die Vereinigten Staaten lebenswichtige Liste der unterstützungswürdigen Nationen.
Roosevelt schickte seinen engsten Mitarbeiter Harry Hopkins nach Moskau. Roosevelt wollte sicher sein, dass die Waffen und Rüstungsgüter schlussendlich nach einer russischen
Niederlage nicht in deutsche Händ fallen würden und ob es sich überhaupt lohnen würde, den Sowjets Hilfe zu gewähren.
Auf Hopkins Frage, wo nach Stalins Meinung die Frontlinie im Winter 1941/42 wohl verlaufen würde, antwortete dieser: Westlich von Leningrad, Moskau und Kiew. Das erklärt auch, warum
um Kiew so zäh gerungen worden war.
Werfen wir nun mal einen Blick auf die Karte. Wir stellen fest, dass an der Südflanke der Heeresgruppe Mitte und somit an der Nordflanke der Heeresgruppe Süd, sich ein ausgedehntes
Sumpfgebiet, die Pripjat Sümpfe. Dieses Gebiet wurde beim Angriff weitestgehend ausgesparrt. Erstens wegen seiner vor allem für Panzer schieren Unzugänglichkeit und zweitens um
Truppen zwecks Schwerpunktbildung zu sparen. Ein Umstand, den sich die Russen zunutze machten. Sie nutzten diese Gebiet einerseits als Aufmarschgebiet und Sammelraum,
andererseits verschwanden in den ausgedehnten Wäldern und Sümpfe ganze Divisionen, der Grundstock späterer Partisaneneinheiten.
Dies führt Bagramjan in seinem Buch an aber die bis dato grösste Panzerschlacht der Weltgeschichte kommt etwas zu kurz. Zwar wird fast minutiös das vorgehen jedes mech. Korps
beschrieben und auch deren Rückzug aber die wahren Ausmasse der Katasprophe kommt nicht zur Geltung. Bagramjan, obwohl er es wissen musste, führt kaum irgendwelche Zahlen an.
Vielleicht verschweigt er sie aber absichtlich, denn sonst hätte er auch die sowjetischen Verluste in Zahlen angeben müssen und die waren eben verheerend.
Bemerkenswert ist der frühe Termin, nämlich schon am 23. Juni 1941 führten die Sowjets einen Gegenschlag mit Panzern, als in der sowjetischen Verteidigung ein 50 km breites Loch
entstanden war, in das die Panzergruppe 1 unter Ewald von Kleist vorrückte. Am 25. Juni 1941 hatte die 11. Panzerdivision unter Generalmajor Ludwig Crüwell die Stadt Dubno erobert. Das
Kommando der sowjetischen Südwestfront führte zusammen mit Georgi Schukow einen Gegenschlag durch. Die Mechanisierten Korps der Front begannen die Schlacht nach einem 200 bis
400 km langen Anmarsch und wurden nur teilweise in die Schlacht eingeführt. 2803 (mitunter ist von 5.000 die Rede) sowjetischen Panzern (5 Korps) standen 718 (manche sprechen von um
die 600) deutsche von fünf Panzerdivisionen gegenüber.
Die sowjetischen Truppen stießen bis zu 35 km vor und hielten die deutsche Truppen bis Ende Juni (29. Juni.) hier auf, um eigene Kräfte vor der drohenden Einkesselung zu retten und
Kiews Verteidigung vorzubereiten. Allerdings war das eigentliche Kampfziel die Zerschlagung der Panzergruppe 1 und der Beginn einer allgemeinen Gegenoffensive. Lediglich das 4. und 8.
mech. Korp verfügten über einige KW und T- 34 Panzer. Die meisten anderen Panzer waren vom Typ BT- 7 und T- 26. Die Formierung dieser Korps war laut Bagramjan bis zum Kriegsbeginn
noch immer nicht abgeschlossen und das 15. Korps war das zuletzt aufgestellte und auch zugleich das schlechteste - was Ausrüstung und Ausbildung anbelangte.
Am Ende der Schlacht waren die sowjetischen Korps beinahe aufgerieben. Das 22. Korps verlor 90 % seiner Panzer, das 8. und 15. Korps 85–90%, das 9. Korps (Konstantin Rokossowski),
das 19. Korps 70%, und das 4. Korps (Andrei Wlassow- jener, der im Herbst 1944 die Russische Befreiungsarmee ROA aufbaute) 60%.
Möglicherweise hinderte Bagramjan aber auch die sowjetische Zensur (Ersterscheinung 1971) daran, solche Zahlen in sein Buch aufzunehmen und somit im sozialistischen Lager unters
Volk zu bringen!? Es musste eben reichen, dass die Kämpfe schwer und die Verluste hoch waren und abschliessend die Rote Armee doch Sieger blieb. Moralisch vom ersten Tag an und
militärisch eben etwas später!
Wie wir erfahren haben, wurde am 22. Juni 1944, also am Tag des deutschen Angriffs die Südwestfront und mit ihr auch die anderen Fronten gebildet. Die Südwestfront, um die es in diesem
Beitrag geht, trug vordem die Bezeichnung "Besonderer Kiewer Militärbezirk", dessen Kommandeur ab Februar 1941 Michail Petrowitsch Kirponos war. Dieser Name taucht aber in den
Kriegsbeiträgen zum Thema selten auf, sondern man beginnt gleich mit dem ersten Befehlshaber der Südwestfront Budjonnys und später, als Budjonny bei Stalin in Ungnade gefallen war
gehts mit Timoschenkos weiter.
Natürlich war Kirponos nicht(?) der Oberbefehlshaber der Südwestfront aber sein Wirken als Kommandeur des "Besonderen Kiewer Militärbezirks" trug viel dazu bei, dass die
Heeresgruppe Süd so langsam voran kam. Natürlich gab es da noch andere Probleme, aber Kirponos Weitsicht vor dem Kriegsausbruch trug viel zu den Problemen dieser Heeresgruppe
bei. Bagramjan schliesslich bechreibt das Ende Kirponos, sehr ausführlich, da er zumindest zu Beginn ein wichtigere Bestandteil der Operation war.
Wiki schreibt dazu folgendes:"Am 20. September 1941 wurde das Hauptquartier der Front selbst überraschend in ein Gefecht mit deutschen Truppen verwickelt."
Bagramjan schreibt (frei nach Bagramjan): Da dem Stab eine Einkreisung drohte, beschloss man einen Ausbruch. Dazu erhielt Bagramjan den Befehl mit einer kleinen Einheit in eine
bestimmte Richtung vorzustossen und den Weg freizukämpfen, was ihm auch gelang. Als er dann einen Melder losschickte um das Gros des Stabes nachkommen zu lassen, so wie vorher
besprochen, war da niemand mehr. Bagramjan beschloss daher weiter in die ihm befohlene Richtung vorzustossen, da er werder zurück noch auf irgend etwas warten konnte.
Ihm gelang der Ausbruch, Kirponos und seinem Stab nicht. Was war geschehen?
Wärend Bagramjan und sein Trupp angriff, setzte sich der Frontstab in eine ganz andere Richtung, nämlich nach Norden ab. Er zählte etwa 1.000 Mann, davon waren 800 Offiziere: Ein
Generaloberst, ein Mitglied des Kriegsrates, verschiedene Generalmajore, der Oberbefehlshaber der 5. Armee und und und.... 6 gepanzerte Fahrzeuge, 2 Pak und 5 Vierlings- Fla MGs. Da die
Deutschen die Lufthoheit besassen, blieb die Kolonne nicht lange unentdeckt und wurde in einem Wäldchen eingekreist.
in den folgenden Kämpfen wurde Kirponos am Fuss verwundet und bei einem späteren Artillerieüberfall an Kopf und Brust, so dass er nach nur zwei Minuten den Heldentod starb. In der
darauf folgenden Nacht gelang es bei einem überraschenden Ausbruch, ettlichen hohen Offizieren sich zu den eigenen Reihen durchzuschlagen. Als später die Leichen geborgen wurden,
sollen sich angeblich keine Patronen mehr in den Magazinen befunden haben...
Heute steht an der Stelle ein Ehrenmal mit der Inschrift:" An diesem Ort fiel am 20. September 1941 der Oberbefehlshaber der Südwestfront, Generaloberst M.P. Kirponos." Seine sterblichen
Überreste wurden später nach Kiew überführt und ruhen im "Park des ewigen Ruhmes".
An dieser Stelle tut sich ein Widerspruch auf: War er nun oder war er nun doch nicht der Oberbefehlshaber der Südwestfront?
Wenn Bagramjan schreibt:"Am 19. Juni 1941 kam aus Moskau der Befehl zur Bildung der Südwestfront mit Stabssitz in Ternopol.", dann war Kirponos Oberbefehlshaber der Südwestfront bis zu dem Zeitpunkt, als Budjonny es wurde - nur wird das nirgendwo erwähnt?